Meine äußerst lehrreiche und eindrucksvolle USA-Reise auf Einladung der Former Members of Congress ist zu Ende gegangen. Zusammen mit bundesweit vier weiteren engagierten (jungen) Abgeordneten habe ich in den zehn Tagen – gefüllt mit fast 50 Einzelterminen – einen Austausch erlebt, der uns unter anderem einige der größten politischen Herausforderungen Amerikas im 21. Jahrhundert aufgezeigt hat. Ziel der Reise war es darüber hinaus, die „modernen Facetten“ der beiden Länder aufzuzeigen und sich jenseits von Stereotypen mit progressiven Politikern*innen von beiden Seiten des Atlantiks über deren zunehmende Vielfalt auszutauschen. Außerdem standen Treffen mit Akteuren*innen aus dem Bildungswesen, den Gewerkschaften, der Presse, Kultur und der Handelskammer sowie der Wirtschaft auf dem Programm.
Zu den besonderen Erfahrungen zählten neben dem Besuch von Vereinigungen, die sich für hilflose Migranten*innen einsetzen, sowie der mexikanisch-amerikanischen Grenze bei El Paso, Texas, einem Symbol für falsche Abschottungs- statt humaner Migrationspolitik, auch meine eigenen Erlebnisse bei der Einreise in die USA. Wer wie wir GRÜNE das Handeln des Staates auch mal kritisch beleuchtet, insbesondere wenn Bürger*innenrechte zur Disposition stehen, musste an dieser Stelle den Kopf schütteln über die problematische Ausübung der Staatsgewalt im konkreten Fall der leider nicht wirklich unvoreingenommenen Grenzkontrollen. Sonderbehandlungen aufgrund von Aussehen oder Herkunft sollten im 21. Jahrhundert eigentlich der Vergangenheit angehören, wie ich finde! An der Grenze zwischen El Paso und der Ciudad Juarez, im Übrigen einer der gefährlichsten Städte der Welt, haben wir indes eine bemerkenswerte Form von grenzüberschreitender Migration erlebt: Dass hier Tag für Tag viele Studierende aus Mexiko lange Zeit an der Grenze verweilen müssen, um in die USA einreisen und an der Universität Texas – El Paso in unmittelbarer Grenznähe ihr Studium absolvieren zu können, hat mich schwer beeindruckt.
Auch in Michigan und Las Vegas, Nevada traten auf unserer Reise aus hessischer Perspektive vielfach unbekannte und ganz eigenen politische Problemstellungen vor Ort zutage – ob Wasserkrise in Flint, wirtschaftlicher Niedergang in Detroit oder alleingelassene Obdachlose in der „Sin City“: nicht nur die hier zu beobachtenden sozialen Verwerfungen durch den Verlust von Arbeitsplätzen, ungleiche Folgen von Wasserverschmutzung für unterschiedliche Bevölkerungsschichten und Ethnien oder schlicht und einfach für ganze Bevölkerungsgruppen nicht mehr leistbaren Wohnraum trotz vergleichsweise niedriger Mieten in der Stadt sind vielfach schärfer als hierzulande. Die politischen Herangehensweisen an derartige Themen waren für uns oft neu, manchmal auch unkonventionell oder sogar scheinbar unsinnig und jedenfalls immer interessant als möglicher Denkanstoß. Sicher ist hier die im Vergleich zu Deutschland viel offenere Herangehensweise an private Stiftungen bei der Suche nach Lösungen für gesellschaftliche Probleme in Michigan von Seiten des Staates ebenso zu erwähnen wie die in den Vereinigten Staaten vielfach stark marktwirtschaftlich ausgerichtete Stadt- und Regionalplanung bzw. Industriepolitik oder die in keinster Weise nachvollziehbare Grundhaltung zum Waffenbesitz, die sich unter anderem im Termingespräch mit einem Waffenladenbesitzer in Texas offenbart hat.
Alle geschilderten Eindrücke waren wertvoll und nur der Dialog gerade auch mit politisch Andersdenkenden und die Betrachtung unterschiedlicher politischer Kontexte mitsamt der dort angewandten Problemlösungsstrategien kann uns auch in unserer politischen Arbeit voranbringen. Danke an die Former Members of Congress, die uns diese Reise ermöglicht haben, unseren Begleiter Paul Kincaid sowie an alle an der Reise beteiligten Gesprächspartner*innen und meine Kollegen*innen, die mich auf der Reise begleitet haben!