Bessere politische Beteiligung von Migrant*innen

Unter anderem um eine bessere politische Beteiligung von Migrant*innen in der Kommunalpolitik zu gewährleisten, haben wir GRÜNE im Hessischen Landtag in dieser Woche zusammen mit unserem Koalitionspartner einen Gesetzentwurf zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung eingebracht. Solange die aus meiner Sicht bessere Alternative, ein kommunales Wahlrecht für alle dauerhaft hier lebenden Menschen (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit) nicht eingeführt wird bzw. werden kann, schaffen wir mit diesem Vorhaben mehr Beteiligungsmöglichkeiten für ausländische Mitbürger*innen. Denn: Hessen wird künftig das einzige Bundesland sein, in dem es in allen Gemeinden mit mehr als 1.000 ausländischen Einwohner*innen zwingend eine Vertretung ausländischer Mitbürger*innen geben wird – entweder wie bisher durch einen gewählten Ausländerbeirat oder neu durch eine beim Gemeindevorstand angesiedelte Integrationskommission.

Die Verbesserungen der politischen Beteiligung von Ausländer*innen sind Teil der insgesamt 91 Änderungen im Gesetzentwurf zur „Verbesserung der politischen Teilhabe von ausländischen Einwohner*innen an der Kommunalpolitik sowie zur Änderung kommunal- und wahlrechtlicher Vorschriften“, der in der kommenden Plenarwoche zum ersten Mal beraten wird. Die Wahlbeteiligung zu den Ausländerbeiratswahlen ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen und hat bei den vergangenen Wahlen mit sechs Prozent einen Tiefstand erreicht. Außerdem konnte in jeder dritten Gemeinde, die zur Organisation von Ausländerbeiratswahlen verpflichtet ist (Pflichtgemeinde), mangels Wahlvorschlägen kein Ausländerbeirat gebildet werden. Darum war eine Neuordnung notwendig. Indem sichergestellt wird, dass künftig in allen hessischen Pflichtgemeinden eine der beiden Formen der Beteiligung existiert, unterscheidet sich das vorliegende Optionsmodell von den gesetzlichen Regelungen anderer Bundesländer, welche die Einrichtung von Integrations-Kommissionen in das freie Ermessen der Kommunen stellen. Zudem verbessert das Gesetz die Stellung der Ausländerbeiräte. Die Bedeutung der Ausländerbeiratswahl wird dadurch hervorgehoben, dass der Wahltermin auf den Tag der Kommunalwahl gelegt wird.

Die Arbeit der Ausländerbeiräte wird auch dadurch gestärkt, dass ihnen zusätzlich zu den bereits bestehenden Informations-, Vorschlags- und Anhörungsrechten nunmehr ein ausdrücklich geregeltes Antragsrecht – das Recht, eine Entscheidung eines kommunalen Organs zu einem bestimmten Thema herbeizuführen – eingeräumt wird. Die Integrationskommissionen sollen mindestens zur Hälfte aus Migranten bestehen, davon zur Hälfte aus Frauen. Sie werden auf Vorschlag der Interessenvertretungen der Migrant*innen vom Gemeindeparlament gewählt. Bei der Wahl soll der Pluralität der im jeweiligen Gemeindegebiet lebenden ausländischen Einwohner*innen Rechnung getragen werden. Integrationskommissionen haben eine Doppelspitze, bestehend aus Bürgermeister*in und einer oder einem Vertreter*in aus der Gruppe der Migrant*innen. Sie haben die gleichen Rechte wie die Ausländerbeiräte.

Weitere Inhalte des Gesetzentwurfs

Auch das Wahlrecht wird modernisiert. Die Bewerberaufstellung durch eine Vertreterversammlung soll bei Kommunalwahlen nicht früher als 18 Monate und durch eine Mitgliederversammlung nicht früher als 15 Monate vor Ablauf der Wahlzeit am 1. April erfolgen. Bei Landtagswahlen sollen die Wahlen in einer Mitgliederversammlung frühestens 44 Monate, für die Vertreterversammlungen frühestens 41 Monate nach Beginn der Wahlperiode des Hessischen Landtags stattfinden dürfen. Im hessischen Landtags- und Kommunalwahlrecht bestehen bisher keine gesetzlichen Vorgaben, ab welchem Zeitpunkt mit der Bewerberaufstellung begonnen werden darf. Parteien und Wählergruppen stellten die Bewerber für eine Wahl oft in einem sehr großen zeitlichen Abstand vor einer Wahl auf. Dies kann allerdings verfassungsrechtlich problematisch sein. Das durch Wahlen entstandene Parlament soll möglichst eine aktuelle und angemessene Vertretung der im Volk vorzufindenden maßgeblichen Meinungen sein. Für das aktive Wahlrecht war bisher zudem eine Mindest-Wohnsitzdauer von 3 Monaten in der Gemeinde notwendig. In Zukunft soll die Frist 6 Wochen betragen. Für das passive Wahlrecht soll die Mindest-Wohnsitzdauer von 6 Monaten auf 3 Monate gesenkt werden.

Neu geregelt wird auch der Mandatsverlust. Der Verlust wird zusätzlich neben der Mitgliedschaft in einer für verfassungswidrig erklärten Partei oder Wählergruppe auch an die Aufnahme als Kandidat*in auf einem Wahlvorschlag dieser Partei geknüpft. Eine weitere Neuerung gibt es bei der Kommunalverfassung: Städte, die künftig mehr als 50.000 Einwohner*innen haben, sollen nicht mehr automatisch den Rang einer sogenannten Sonderstatusstadt erhalten, sondern nur dann, wenn ihre Verwaltungskraft dies tatsächlich rechtfertigt. Die Erklärung zur Sonderstatus-Stadt soll vielmehr künftig im Ermessen der Landesregierung stehen und nach sachlichen Kriterien geprüft werden. Sonderstatus-Städte sind zurzeit Bad Homburg v. d. Höhe, Fulda, Gießen, Hanau, Marburg, Rüsselsheim und Wetzlar. Sie sind kreisangehörig, erfüllen aber auch einzelne Aufgaben der Landkreise.

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