Beim Besuch der Bildungsstätte Anne Frank konnte ich einen hautnahen Eindruck gewinnen, mit welchen innovativen Konzepten und Methoden hier für eine aktive Teilhabe an einer offenen und demokratischen Gesellschaft geworben sowie gegen Rassismus und Rechtsextremismus angegangen wird.
Was die Bildungsstätte einzigartig in ganz Deutschland macht, sind die niedrigschwelligen, barrierefreien und unabhängigen Beratungen „ADiBe“ und „response“. Das „ADiBe Netzwerk Hessen“ unterstützt, berät und stärkt Menschen, die – wegen ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, Herkunft, Ethnie, Religion, Hautfarbe oder ihres Alters – diskriminiert werden. Dabei bietet es zum Beispiel auch eine juristische Ersteinschätzung bezüglich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Solch eine Anlaufstelle ist gerade auch für Migrant*innen enorm wichtig. Auch die Beratungen von „response“ sind für sie und andere eine wichtige Anlaufstelle, sobald es um Betroffene von rechter und rassistischer Gewalt geht. Die dortige Hilfe, Unterstützung und Beratung ist gerade in Zeiten, in denen rechte Gewalt und Hass sich häufen, von großer Wichtigkeit.
Wir brauchen heutzutage (leider) mehr von solchem (professionellem) Engagement gegen Rechts. Die Ereignisse der letzten Wochen und Monate – mit dem Mord an Walter Lübcke, dem Mordversuch an einem Eritreer in Wächtersbach und den neusten Zahlen in Bezug auf rechtsextreme Gewalt – verdeutlichen die Problematik. Deshalb ist es wichtig und gut, dass wir mit den Engagierten in der Bildungsstätte Anne Frank Verbündete im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus haben. Und nicht nur dort: Auch wenn Rechte Straftaten und negative Ereignisse für ihre Zwecke missbrauchen, leisten sie tolle Aufklärungsarbeit (im Netz). Der schreckliche Mord vom Frankfurter Hauptbahnhof war beispielsweise solch ein Ereignis.
Die Bildungsstätte Anne Frank bietet auch Workshops für Firmen an. So nehmen beispielsweise alle neuen Mitarbeiter*innen der Fraport AG an solch einem Workshop teil. Meiner Meinung nach sind solche Fortbildungen klar begrüßenswert und bereichern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielerlei Hinsicht
Die Ausstellung der Bildungsstätte beschäftigt sich selbstverständlich auch mit der Geschichte von Anne Frank. Dabei wird auf die Entstehungsgeschichte des Tagebuchs sowie auf ihren Lebensverlauf besonders eingegangen. Ein Highlight war für mich, dass man sich mit Hilfe des Tablets ihr Versteck in Amsterdam anschauen konnte, und zwar mit der originalen Einrichtung von damals. Unter dem Motto „Morgen mehr“ – wie Anne Frank oft in ihrem Tagebuch schreibt – ist die gesamte Ausstellung entstanden. Die Ausstellung ist nicht nur für Schulklassen, sondern für Erwachsene ein echtes Must-have.
Auch, weil die Ausstellung sich zum anderen mit Vorurteilen und Diskriminierung beschäftigt. So gibt es beispielsweise einen „Body Scanner“, der den Körper nach Merkmalen abgescannt und ein Vorurteil zu einem Körpermerkmal anzeigt. Selbstverständlich sind diese Vorurteile frei erfunden und übertrieben gewählt, doch es zeigt jedem auf, wie Vorurteile auf Menschen wirken. Ähnlich die „Vorurteilsbrille“; man sieht eine Zeichnung von einer Person und sobald man diese Brille aufzieht, wird ein gängiges Vorurteil zu dieser Person aufgezeigt. So bringt man Menschen dazu, einen Prozess der Sensibilisierung zu durchlaufen.
Ich danke dem Team und allen voran dem Direktor Dr. Meron Mendel für ihre wichtige Arbeit und ihr tolles Engagement gegen Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus und Hate Speech! Und natürlich danke ich auch für die Führung und das nette Gespräch. Die Einrichtung ist auf jeden Fall einen Besuch wert und bietet (bei Bedarf) hervorragende Beratungsangebote!